Diessenhofer Frühlingserwachen mit Flötentönen und Dichterklängen

Ein wundervoll stimmiger Anlass bewegte in der vergangenen Woche Herz und Sinne der Menschen im Städtli. Die Veranstaltungsreihe „Kultur am Nachmittag“ brachte frühlingsbegeisterte Bürgerinnen und Bürger zusammen. Dies geschah im Evangeli-schen Kirchgemeindehaus am Dienstag 16. April. Das Blockflöten-Ensemble „Sopral-tenba“ unter Leitung von Brigitta Lampert erfreute die Besucher mit feinsinnig ausba-lancierter, vielstimmiger Musik und zartfühlender dichterischer Kraft. Tanja Schum als Leiterin der Programmreihe begrüsste die acht Flötistinnen  auf das Herzlichste.

Tanzen und Springen

Mit der volkstümlichen Weise „Tanzen und Springen“ begann der bunte Reigen, in den die anwesenden Diessenhofer Frühlingsfreunde voll mit einbezogen wurden, vor allem während des munteren Stücks „Kommt ihr G´spielen“. Alsdann wurde „der lieben Son-ne Licht und Pracht“ dankbar gedacht, und zwar mit vielstimmig wohltemperierten Tö-nen zur Ehre des Schöpfers. Schliesslich folgte die Überleitung zum humorvollen Ab-schnitt des Nachmittags. Ein „Spatzenkonzert“ und lustige Kuckucks-Lieder – unter anderem von Antonio Vivaldi (1678-1741) – wurden mit verschmitztem Lächeln und einem kräftigen Augenzwinkern dargeboten, untermalt durch Bilder, die an der Leinwand aufleuchteten.

Voll Blüten

Zwischen den Flötenstücken trug Brigitta Lampert Gedichte vor. Dies geschah mit Lust und Liebe und mit bühnenreifer sprachlicher Ausdruckskraft. Das Werk der zeitgenössi-schen Poetin Brigitte Schoch „Mein Garten“ schaufelte den Weg frei für ein „Frühlings-erwachen im Wald“. Ebenso kraftvoll wie einfühlsam kam Annette Droste von Hülshoff (1797-1848) zur Geltung, die mit hymnisch schwebenden Reimen den Frühling als „die schönste Zeit“ preist. Höhepunkt war dann Hermann Hesse (1877-1962) mit seinem ebenso tiefsinnigen wie weit ausgreifenden Gedicht „Voll Blüten“:

Voll Blüten steht der Pfirsichbaum, nicht jede wird zur Frucht.
Sie schimmern hell wie Rosenschaum durch Blau und Wolkenflucht.
Wie Blüten gehn Gedanken auf, hundert an jedem Tag.
Lass blühen! Lass dem Ding den Lauf! Frag nicht nach dem Ertrag!
Es muss auch Spiel und Unschuld sein und Blumenüberfluss.
Sonst wär die Welt uns viel zu klein und Leben kein Genuss.

Barocke Klangwelten

Nach den literarischen Höhenflügen waren wiederum wdie Blockflöten an der Reihe mit ihrem Zauberklang. Sie entfalteten nicht nur frühlingshafte Leichtigkeit, sondern brillierten auch mit einer klassisch orchestralen Sonate des italienisch-englischen Barockkomponisten und Oboisten Guiseppe Sammartini (1695-1750), eines Zeitgenossen und Londoner Mitarbeiters von Georg Friedrich Händel. Mit perlenden Tonfolgen und feiner Klangmalerei zeigte das Ensemble Sopraltenba, zu welchen Spitzenleistungen es in der Lage ist. Langanhaltender Beifall belohnte die acht Blockflötistinnen für ihren Einsatz.

Mit einem schmackhaften Zviri, organisiert und präsentiert von Hugo Lampert, klang dieser liebenswürdige Nachmittag in einem gemütlichen Miteinander aus. Der nächste Anlass in der Reihe „Kultur am Nachmittag“ ist am 21. Mai, dann kommt Organistin Annedore Neufeld zu einem leutseligen „Zäme Singe“.

Ökumenischer Suppensonntag in Schlatt

Am Sonntag, 03. März veranstaltete Schlatt den diesjährigen Suppensonntag des Diessenhofer Bezirks. Alle katholischen und evangelischen Kirchgemeinden der Region vereinten sich zur gottesdienstlichen Feier mit einer Fülle besinnlicher und kultureller Ein-Drücke. Was Rang und Namen im dörflichen und schulischen Miteinander hat, trat auf: Die Roundabout-Gruppe unter Sarah Brütsch begeisterte den voll besetzten Gemeindesaal mit einem künstlerisch ausgereiften Tanz. Der Musikverein unter Martin Weiss beeindruckte mit feierlichen Klängen, so mit dem „Heilig Heilig Heilig“ von Franz Schubert, das in tief berührender Weise gespielt wurde.

Der Blaue Planet

Die Sechstklässler unter Diakon in Ausbildung Andreas Schlegel zeigten eine originelle Szene. Ein Globus in Form eines grossen Luftballons wurde unsanft hin- und hergestossen, bis die Vernunft siegte und ein achtsamer Umgang mit der Kugel gefunden wurde. Respektvoll liessen die Schüler den „Blauen Planeten“ sacht und fein umherschweben. Hieran knüpfte Robert Weinbuch an, Gemeindeleiter des katholischen Pastoralraums Am See und Rhy: „Wir haben nur diese Welt, und wenn wir sie nicht richtig behandeln, springt sie uns ins Gesicht.“ Damit war die Brücke geschlagen zum Hungertuch der Aktion „Fastenopfer – Brot für alle“, das über der Bühne prangte: Eine Collage aus zufälligen Zeitungsfetzen voll schlechter Nachrichten. So chaotisch diese Schnipsel seien, so wild gehe es bei uns zu, bedauerte der Gemeindeleiter. Doch aus der Ferne wirke das Hungertuch „wie ein Juwel in Türkisgrün und Blau.“ Denn über allem walte der Schöpfer. Er setze auf seine Menschen, nach seinem Ebenbild geschaffen. Ihnen vertraue er sein Werk zu treuen Händen an. Nicht umsonst zeige das Hungertuch vier Arme als Symbol für Hege und Pflege. „Diese Hände berühren sachte achtsam die Erdkugel, lassen ihr aber auch Spielraum“ malte Weinbuch das Zusammenspiel von Mensch und Natur aus.

Lohnender Verzicht

Diese Anregung führte die reformierte Schlatter Ortspfarrerin Sabine Aschmann weiter. Mit Bezug auf Sprüche 30,8 bat sie den Schöpfer um gutes Augenmass: „Gott, lass mich weder arm noch reich werden, sondern gib mir gerade so viel, wie ich brauche.“ Der eigentliche Lebensgenuss bestehe darin, Mass und Mitte zu finden. „Weniger ist mehr“, unterstrich die Predigerin und versicherte, keinerlei moralischen Druck auszuüben. Fasten sei keine bittere Pille, von einem gestrengen Oberarzt oder Sittenwächter verordnet, sondern etwas Angenehmes und Wohltuendes. Dabei berief sie sich auf keinen Geringeren als Jesus Christus: Der Meister lege beim Fasten Wert auf ein gewaschenes Gesicht und eine frohe Ausstrahlung (Matthäus 6,16-18). Wer dankbar und massvoll Verzicht übe, habe gleich dem barmherzigen Samariter Kapazitäten frei. Man finde die Kraft, sich in die Probleme des Nächsten einzufühlen, und habe die Mittel zum Anpacken. Taten der Nächstenliebe seien Meilensteine auf dem Weg, der an sein Ziel gelange, wenn Christus wiederkomme und sein Werk auf Erden vollende.

Suppenessen für einen wohltätigen Zweck

Der Gottesdienst wurde durch Gebete, Fürbitten und Segensgrüsse der Pfarrer Rolf Roeder (Basadingen-Schlattingen-Willisdorf) und Gottfried Spieth (Diessenhofen) vertieft und umrahmt. Im Anschluss war das traditionelle Suppenessen. Helferinnen und Helfer aus Schlatt und Paradies servierten eine währschafte Gemüsesuppe, zubereitet von fleissigen Händen in der Küche nebenan. Zum Dessert gab es köstlichen Kuchen und duftenden Kaffee. So klang das Ereignis in gelöster Stimmung aus. Dankbar spendeten die rund 140 Besucher für ein Projekt des Internationalen Blauen Kreuzes zur Suchtbekämpfung unter Jugendlichen in Südafrika. Dieser Sonntag bleibt in der Diessenhofer Region noch lange in Erinnerung.

Ökumenischer Weltgebetstag in Schlatt

Schlatt lud am 01. März zum diesjährigen Weltgebetstag ein unter dem Motto: „Durch das Band des Friedens“ (Epheser 4,3). Christliche Frauen aus Palästina hatten in einem mehrjährigen Vorlauf jene Gebets-Liturgie ausgearbeitet, die an diesem ersten Freitag im März weltweit zur Anwendung kam. Sie war darum auch in unzähligen katholischen und evangelischen Kirchgemeinden der Schweiz der Leitfaden, an dem man sich hielt.

Durch das Band des Friedens“

Eine muntere Schar von Frauen und Männern der Diessenhofer Region versammelte sich in der Schlatter evangelischen Kirche. Ortspfarrerin Sabine Aschmann eröffnete die Veranstaltung mit einem Grusswort. Darin ging sie auf die schwierige Lage ein, der das Heilige Land derzeit ausgesetzt ist im Spannungsfeld zwischen Israel und Palästina, und wies auf Jesus Christus als den Herrn aller Völker hin. Ein eleganter palästinensischer Tanz, dargeboten von Frauen der regionalen Vorbereitungsgruppe, schloss sich an. Sodann wurde eine grüne Kerze als Symbol für Palästina und die Hoffnung auf baldigen Frieden entzündet. Dadurch war der Weg frei für ein neues Hinhören auf dieses Land und seine Leute. Anrührende Friedens- und Segenslieder, am Klavier begleitet von Peter Fischer, erwärmten die Herzen und Sinne. Sie schufen eine Einstimmung in gesegnete Atmosphäre des Abends.

Gebete der Mitmenschlichkeit

Drei Frauen aus dem Vorbereitungsteam trugen Erfahrungsberichte palästinensischer Frauen vor. Hierbei ging es um Einzelschicksale dieses Volkes und seiner Menschen in Bezug auf den Staat Israel, der seit 1967 die palästinensischen Kernlande am Westufer des Jordan unter seiner Oberaufsicht hat. Deutlich wahrnehmbar war die Erfahrung von Leid, aber auch der Wunsch nach Gleichberechtigung und Selbstbestimmung. Bemerkenswert war das Bemühen, sich jeglicher politischer Wertung oder Anklage zu enthalten.

Die Besucher notierten ihre Gebetswünsche auf Karten, die an einer Leine im Chorraum angeheftet wurden als Zeichen für das „Band des Friedens“. In einer feierlichen Fürbitte wurde diese Anliegen vor den Herrn gebracht. Das Unser-Vater wurde auf deutsch und arabisch vorgetragen. Der Abend war an einem seiner Höhepunkte angelangt. Eine unsichtbare Vernetzung wurde geknüpft zu den etwa 70 000 Christen in Palästina, die es neben der muslimischen Mehrheit von knapp 5 Millionen gibt.

Orientalische Gastfreundschaft

Im Anschluss an Liturgie und Fürbitte versammelte man sich im Gemeindehaus bei palästinensischen Spezialitäten, von Ehepaar Kaspari aus Schlattingen liebevoll zubereitet. Dank orientalischer Gastfreundschaft herrschte eine heitere Stimmung im Vertrauen auf die Grossherzigkeit des himmlischen Vaters, der alle Menschenkinder auf der Welt in sein Herz geschlossen hat. „Durch das Band des Friedens“ wurden an diesem Abend unterschiedliche Menschen und Völker zusammengebracht, die ihr Leben alle demselben Herrn und Heiland Jesus Christus verdanken.

 

 

 

Erinnerungen an Dorothee Sölle

Friedensbewegte Mystikerin

Am vergangenen Dienstag ereignete sich im Städtli etwas Besonderes: Brigitta Lampert erinnerte an die weltbekannte Theologin und Dichterin Dorothee Sölle (1929-2003), deren Todestag sich in wenigen Wochen zum 21. Mal jährt. Diese aussergewöhnliche Frau kam im Diessenhofer Evangelischen Kirchgemeindehaus in ganzer Vielfalt und Ausdruckskraft zur Geltung. Mit grossem Einfühlungsvermögen schilderte Brigitta Lampert eine Begegnung mit Frau Sölle in der Kartause Ittingen kurz nach der Jahrtausendwende. Im Rückblick wurde jetzt im Rahmen von «Kultur am Nachmittag» ein leuchtkräftiges Lebensbild jener Weisheitslehrerin aus Hamburg gezeichnet, die auch im bibelbewussten Thurgau nachhaltige Spuren hinterlassen hat. Wie die Referentin ausführte, pflegte Sölle gerade in ihrer friedensbewegten Tatkraft ein reichhaltiges Innenleben, geprägt durch Mystiker wie Teresa von Avila (1515-1582) und Meister Eckhart (1260-1328).

 

Sprachmeisterin

In lebendiger Anschaulichkeit schilderte Brigitta Lampert, welchen Eindruck Sölles Bücher wie etwa „Mystik und Widerstand“ auf sie bis zum heutigen Tag machen. «Zum einen tauche ich beim Lesen in eine wunderbar gestaltete, genaue und sehr bewegende Sprache ein, die das ausdrückt, was mir eigentlich im Innersten bekannt ist, wofür mir aber manchmal die richtigen Worte fehlten». Zum anderen werde sie bei Sölle immer wieder überrascht «mit Gedanken, die ich selber noch nie gedacht habe, die aber doch so klar und nötig sind.» Dadurch werde ihr eigenes Bibelverständnis neu ausgerichtet. Sölle habe sie zu einem «tieferen und ganzheitlicheren Glauben» geführt. Die Hamburger Theologin habe durch ihre ebenso geistreiche wie herzerfrischende Art «das verstaubte Bild von Kirche gründlich ausgemistet».

 

Ehrfurcht vor Mensch und Natur

Lamperts Vortrag im Rahmen von «Kultur am Nachmittag» behandelte jenen Aufbruch in Glaube, Religion und auch Politik, für den Dorothee Sölle mitverantwortlich sei. Sie habe grundsätzlich Partei ergriffen für Leute «im Schatten der westlichen Konsumkultur». Dabei habe sie sich nicht gescheut, den westlichen Neoliberalismus, der die Armen des globalen Ostens und Südens mit Brosamen abspeise, an den Pranger zu stellen. Solche kümmerlichen Almosen würden wie zum Hohn unter dem irreführenden Titel «global fairness» vermarktet, so Sölle in eingespielten Interview-Sequenzen des Schweizer Fernsehens vom 26.10.1997 («Sternstunde Philosophie»). Statt auf den Kapitalismus berufe sie sich auf keinen Geringeren als Jesus Christus. Dieser sei nicht nur innerhalb der Kirche zu finden: «Er lebt auch unter anderem Namen in der Welt, handelt unter anderem Namen in der Welt» – nämlich überall dort, wo Menschen für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.

 

Liebevolle Aufmerksamkeit

Ihr Mitgefühl für Mensch und Natur habe Frau Sölle achtsam in die Tat umgesetzt, wie Brigitta Lampert zu berichten wusste. Während jener Zusammenkunft der «Kommission für Frauenanliegen der Evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau» in der Kartause Ittingen 2001 habe sich die streitbare Friedenskämpferin – selbst vierfache Mutter – höchst sensibel um das Baby einer mitwirkenden Musikerin gekümmert. «Ich vergesse niemals, wie Frau Sölle, klein und zart in ihrer Statur, sich über das kleine Menschenkind beugte und mit einem so liebevollen und zärtlichen Blick zu diesem Wesen geredet hat.»

Das Gehörte und Erlebte war Mittelpunkt anschliessender Gespräche bei Kaffee und Kuchen. Als Leiterin von «Kultur am Nachmittag» dankte Tanja Schum der Referentin mit einem Präsent. Mit einer Fülle nachdenklicher Anregungen klang diese Veranstaltung in froher Geselligkeit aus.

Der nächste Anlass in dieser Reihe ist am 20. Februar bei einem «Volkstümlichen Nachmittag mit den Alpstein-Nixen».

Das Morgenrot wecken

Die Stadt und Region Diessenhofen erlebte in der zweiten Kalenderwoche des neuen Jahres etwas Aussergewöhnliches: Unter dem Titel „Das Morgenrot wecken – Hoffen in kritischen Zeiten“ traten in der Stadtkirche sowie in benachbarten Kirchgebäuden und Sälen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auf: Stadtpräsident Markus Birk, Schulpräsident Hans-Rudolf Stör, der frühere Gailinger Bürgermeister Heinz Brennenstuhl, die Diessenhofer Kulturbeauftrage Lucia Angela Cavegn, der ehemalige Thurgauer Kirchenratspräsident Wilfried Bührer, Diakonin Karin Schmid, Diakon in Ausbildung Andreas Schlegel sowie Peter Hartmeier, vormals Chefredaktor des Tagesanzeigers. Sie alle taten das zusammen mit Pfarrer Fredy Staub, dem schweizweit bekannten Redner und humorvollen Ratgeber. Aus Jegenstorf BE war er ins Städtli und den umliegenden Bezirk gekommen.

Gott und die Welt

In Podiumsdiskussionen und Reden wurde ein breitgefächerter Ablauf gestaltet; die Themen handelten von Fortschritt und Tradition, Kunst und Kultur, Staat und Kirche, Politik und Gesellschaft, Bildung und Schule, Medien und Musik. Zusammen mit Musikgruppen aus der näheren und weiteren Umgebung wurde in Diessenhofen, Schlatt und Schlattingen ein abwechslungsreiches Abendprogramm präsentiert, das vor lauter Schwung und Freude vibrierte, reichhaltige Spannung und Entspannung lieferte, den Ernst des Lebens nicht verschwieg – und in alledem Gott und die Welt harmonisch miteinander in Beziehung setzte.

Heiterkeit des Daseins

Das von den Vorrednern und in den Podiumsdiskussionen Gesagte nahm Pfarrer Staub in seine Hauptvorträge auf, die er an jedem der sechs Abende an das zahlreich versammelte Publikum richtete. Sein Ziel war es, die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes in ganzer Leuchtkraft vorzustellen. Mit Beispielen, mitten aus dem Alltag gegriffen, erzählte er die volle Bandbreite dessen, was ein Menschenleben ausmachen kann. Vor tragischen Tiefen, die mit dazu gehören, versteckte er sich nicht. Vor allem aber stellte er die Leichtigkeit und Heiterkeit des Daseins in den Mittelpunkt, die durch Gottes helle Gnade erfahrbar wird für alle, die offen sich für diesen wohltuenden Einfluss. Dabei wurde die grossartige Persönlichkeit des Heilandes Jesus Christus ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Ein kräftiger Aufruf erging an die Zuhörerinnen und Zuhörer, sich seinem segensreichen Einfluss nicht zu verschliessen.

Vertiefung durch Alphalive-Abende

Stets gegen Ende seiner Vorträge lud Fredy Staub ein, in meditativer Stille das Gehörte innerlich zu bewegen im eigenen Herzen. Im Anschluss bestand dann die Möglichkeit, sich gruppenweise oder individuell für den weiteren Lebensweg segnen zu lassen. Ein geschmackvoller Apero lud zu Gemeinschaft und Austausch ein und rundete das Ganze im geselligen Miteinander ab. Ein „Alphalive-Kurs“ zur Erwachsenenbildung, der an zehn Donnerstagabenden im Diessenhofer evangelischen Kirchgemeindehaus stattfindet, wird das Erlebte weiter vertiefen.

Krippenspiel 2023

Am Sonntag, 24. Dezember fand das Krippenspiel der evangelischen Kirchgemeinde in der Stadtkirche zu Diessenhofen statt.

Alle Bilder sind unter diesem LINK zu finden.

Adventsfenster am 18. mit Friedenslicht

Diessenhofen war am vergangen Montag Abend Schauplatz des Adventsfensters der reformierten Kirchgemeinde. Zugleich fand ein ökumenisches Ereignis statt, das Licht und Klang, Feuer und Lieder, Kerzenflammen und menschliche Stimmen zu einem Gesamterlebnis vereinigte. Auf dem Vorplatz der Stadtkirche hatte sich eine grosse Schar an Besuchern eingefunden, um mitgebrachte Kerzen am Friedenslicht zu entzünden. Dieses war von einer munteren Schülergruppe von der katholischen Kirche Bruder Klaus zum Vorplatz der evangelischen Stadtkirche gebracht worden, wo die die jungen Freundinnen und Freunde weihnachtliche Friedensgedichte vortrugen.

„So lass mich doch dein Kripplein sein“

Drinnen wurden alsdann Advents- und Weihnachtsweisen unter Leitung von Annedore Neufeld angestimmt. Festlicher Glanz erfüllte das Kirchenschiff, das aus dem Chorraum durch Adventskranz und Christbaum erleuchtet wurde. Eine besinnliche und zugleich nachdenkliche Stimmung erfasste die Teilnehmer dieses aussergewöhnlichen Anlasses. Die Sehnsucht nach Frieden war handgreiflich spürbar. Der Trost der alten und neuen Gesänge, die aus voller Brust erklangen und wunderschön am Flügel begleitet wurden, war hautnah zu erleben. Mit sensiblen Anmerkungen erschloss Frau Neufeld den Sinn der Texte und Melodien für das gegenwärtige und persönliche Leben. Ein besonderes Augenmerk legte sie auf Paul Gerhardts Choral „Ich steh an deiner Krippe hier“, vertont von Johann Sebastian Bach, mit dem innerlich tief berührenden 6. Vers: „So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden.“

Das Licht und der Friede des Heilandes

Eine tief zu Herzen gehende Liebe zu Jesus Christus verband sich an diesem Abend mit einem betenden Gedenken an Frieden und Versöhnung. Dieser Trost des Glaubens erfüllte die versammelte Singgemeinde und gab Anlass zu begründeter Hoffnung für die leidgeprüfte Welt. Bereits zu Beginn der Veranstaltung hatte Robert Weinbuch, katholischer Gemeindeleiter des Pastoralraums See und Rhein, über Geschichte und Bedeutung des Friedenslichts berichtet, das dieses Jahr von einer palästinensischen Christin in Bethlehem entzündet und über Wien und Zürich seinen ökumenischen Lauf bis nach Diessenhofen zum Adventsfenster der Stadtkirche fand.

Die Veranstaltung klang mit einem währschaften Apero bei Punsch, Glühwein und Kürbissuppe und in lebendigem geselligem Miteinander aus. Am Heiligen Abend wird diese frohgemute Stimmung in der Stadtkirche fortgesetzt mit dem Krippenspiel um 17.oo und am 25. Dezember um 9.45 mit einem festlichen Abendmahlsgottesdienst, den Saskia Quené mit Sologesängen bereichert.

Weihnachten erleben der Youth Church

Der baldige Geburtstag von Jesus Christus stand im Mittelpunkt des Diessenhofer Jugendgottesdienstes vom vergangenen Dienstag. Zu abendlicher Stunde waren leibhaftige Gäste aus dem Morgenland – nämlich Kamele und Esel – sowie ein nachgebauter Stall von Bethlehem rund um die Stadtkirche präsent. Dieser Streichelzoo bot den jüngsten Besuchern Gelegenheit für Fotos mit bleibendem Erinnerungswert. Alle Generationen aus Diessenhofen und umliegenden Gemeinden hatten sich eingefunden.

Erlebnis mit allen Sinnen

Das gesamte Kirchenschiff einschliesslich der beiden Seitenreihen war vollbesetzt. Die Roudabaout-Mädchengruppe aus Schlatt eröffnete den Reigen mit einer schwungvollen Tanz-Einlage. Die Jugendband begeisterte durch Lieder zur Ehre Gottes und zur Freude der Menschen. Der «Reli-Chor» der Primarstufe erfreute jung und alt mit Weihnachtsweisen, die aus voller Kehle herzhaft erklangen. Besonders eindrucksvoll war die Licht- und Tontechnik: Sie liess den Chorraum in einem geheimnisvollen Violett erstrahlen und lockerte mit zauberhaft schönen und triumphal eingespielten Musikstücken den Ablauf des Schülertheaters auf.

Engel und Menschen

Das Schauspiel wurde von Diessenhofer Sekundarschülern unter dem Titel «Engel unterwegs» vorgeführt. Im Mittelpunkt stand der Erzengel Gabriel, wie er die Geburt Johannes des Täufers und Jesu Christi einleitet und umrahmt. Die Handlung wurde von jugendlichen Darstellern ebenso respekt- wie humorvoll übertragen in das 21. Jahrhundert. Elisabeth und Zacharias, Maria und Josef, Hirten und Könige bewegten sich in majestätischer Ruhe und Gelassenheit, zugleich leichtfüssiger Bewegtheit über das Podium. In erhabenem Glanz erstrahlte jene Szene, wo der jüdische Priester Zacharias inmitten einer Schar andächtig kniender Beter seinen Tempeldienst vollzieht – während plötzlich der Erzengel zu ihm tritt mit der feierlichen Nachricht, ihm und seiner Frau werde bald noch das späte Glück der Elternschaft zuteil. Das Dekorationsteam hatte alle Register gezogen, um mitten in der Stadtkirche das Innere des Jerusalemer Tempels nachzuempfinden und mit romantisch verklärten, gleichsam heiligen Farben zu schmücken.

Weihnachtliches Mitgefühl

So prangte etwa vor der Kanzel der siebenarmige Leuchter, auf den Diakonin Karin Schmid in ihrer Kurzpredigt einging. Jede dieser sieben Kerzen stehe für «Frieden und innere Ruhe, die wir bei Gott finden». Das sei auch die Botschaft der Engel, die den Hirten auf den Feldern Bethlehems begegneten mit dem Lied: «Ehre sei Gott im Himmel. Denn er bringt der Welt Frieden und wendet sich den Menschen in Liebe zu» (Lukas 2,14). Die Rednerin lud jede Schülerin und jeden Schüler aus Diessenhofen, Basadingen-Schlattingen-Willisdorf und Schlatt ein, am Taufstein eine Kerze zu entzünden mit stillem Gebet für einen Mitmenschen aus dem eigenen Umfeld, der es besonders nötig hat.

Unermüdlicher Einsatz

Eine währschafte Verpflegung mit Kürbissuppe, Glühwein und Punsch sorgte im Anschluss für das leibliche Wohl. Ein besonderer Dank gilt allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern der Kirchgemeinde an diesem Abend. Ebenso gilt der Dank den Sponsoren: Die Firma Light Systems (Dachsen SH) stellte professionelle Licht- und Tontechnik unentgeltlich zur Verfügung. Die Stadtgemeinde Diessenhofen trug zur Finanzierung der Kamele bei, die aus einer speziellen Farm ins Städtli kamen. Coralie Wenger-Weilenmann hatte die Esel auf dem Kirchplatz besorgt. Die Gebrüder Schmid (Markthäuschen Schlattingen) stifteten den Stall von Bethlehem an der Kirchenmauer. In dieser opulenten kirchlichen Veranstaltung hatte die Diessenhofer Adventszeit einen Höhepunkt, der in dankbarer Erinnerung bleibt.

Diessenhofer Adventsnachmittag

Am vergangenen Mittwochnachmittag öffnete die Diessenhofer Stadtkirche ihre Pforten für das Krippenspiel der Reformierten Kirchgemeinde. 13 Primarschüler, darunter auch Kindergartenkinder, führen das Theaterstück „Für einmal nöd z spaat“ (Für einmal nicht die letzten) von Andrew Bond auf.

Das isch en riesige Chrampf

Mit grossem Gedächtnis-Einsatz präsentierten die jungen Freundinnen und Freunde die Geschichte der Hirten von Bethlehem. Mit ausdrucksstarken Gesten und markanten Dialekt-Worten wurde den vielen Besuchern  – darunter zahlreiche Gäste aus Schaffhausen  – vor Augen und Ohren geführt, unter wie vielen alltäglichen Benachteiligungen, Streitereien, Zurücksetzungen bis hin zu Unfällen und Brandstiftungen die Hirten zu leiden haben  – und zwar gemäss dem Motto: „Das isch e riesige Chrampf“. Aufregend und bewegend war zu sehen und hören, wie sehr sie durch die Sorge um das tägliche Brot daran gehindert werden, überhaupt noch etwas Grosses im Leben zu erwarten  – oder wenn, können sie sich solche Wünsche nur in Form beissender Ironie vorstellen. Humorvoll-witzige Bemerkungen wurden eingeflochten, wodurch zum Ausdruck kam, wie man die Langeweile doch noch erträglich gestalten kann mittels mancherlei Ablenkung.

Die Letzten werden die Ersten sein

Die Wende im Theater brachte das Auftreten der Engel mit der ebenso freundlichen wie dringenden Einladung, das neugeborene Christuskind in seiner Krippe zu besichtigen. Zunächst zeigten sich die jungen Hirtinnen und Hirten wie gelähmt und blockiert. Immer noch schienen sie nicht in der Lage zu sein, ihr unfassbares Glück auch wirklich in Angriff zu nehmen: Ist es Traum oder Wirklichkeit? Schliesslich überwanden sie die Zweifel, machten sich auf den Weg und erfuhren im Stall zu Bethlehem die grösste Überraschung ihres Lebens: Durch das Lied der Engel wurden sie zum Glück des neugeborenen Kindes geführt, wodurch sie selber glücklich wurden. Sie, die früher immer an letzter Stelle stehen mussten, wurden nun gewürdigt, die Ersten zu sein, die dem neugeborenen Heiland die Ehre erwiesen.

Vorschau auf den Heiligen Abend

Ein herzlicher, lang anhaltender Applaus belohnte die Kinder für ihren Einsatz, den sie unter Leitung von Tanja Schum, Edith Widmer und Edith Falcone nach etlichen Wochen gründlicher Vorbereitung geleistet hatten. Im Anschluss lud Pfarrer Gottfried Spieth alle Besucherinnen und Besucher ins Kirchgemeindehaus ein. Ein gemütliches Beisammensein bei einem währschaften Zvieri vereinte alle miteinander in frohgemuter adventlicher Geselligkeit. Das Krippenspiel „Für einmal nöd z spaat“ wird am kommenden Sonntag 24.12., dem Heiligen Abend, um 17.00 erneut in der Diessenhofer Stadtkirche aufgeführt.

Aus dem Alltag eines Diessenhofer Glas-Fans

Im Rahmen von „Kultur am Nachmittag“ trat Monika Orsinger am vergangenen Dienstag Nachmittag im evangelischen Kirchgemeindehaus Diessenhofen auf. Über die Faszination, die Glas in der transparenten Brechung von Licht und Farbe verbreitet, machte sie spannende Ausführungen. Sie beleuchtete den geschichtlichen Hintergrund der Glasherstellung im historischen Raum der Schweiz und in den benachbarten Gebieten, etwa im Schwarzwald. Mit liebevoller Hingabe an das Detail erzählte sie, wie das Glas handwerklich gemacht, sorgfältig geblasen, kraftvoll gebrannt, stimmungsvoll gefärbt wird. Eindrucksvoll erläuterte sie jene speziellen Öfen, die zur Bearbeitung notwendig sind. Sie verwies auf die energietechnischen Variationen (natürliches Feuer oder Elektrizität), womit diese Öfen gespeist werden. Breit entfaltete sie die künstlerischen Möglichkeiten, die sich bei der schöpferischen Formgebung des Glases ergeben, und bei den Gravuren, die am Glas angebracht werden können. Anschaulich präsentierte sie eine originelle Sammlung kunstvoller Gläser, Schalen und Gefässe, die sie zum grossen Teil selbst in ihrem Atelier hergestellt hat, darunter farbige Exponate von besonderer Leucht- und Strahlkraft.

Kulturgeschichte des Glases

Im Anschluss an den Vortrag entwickelte sich in gemütlicher Kaffee-Runde ein fruchtbares Gespräch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung. Hierbei wurde das Thema in kulturgeschichtlicher Weise erweitert. Dabei durften Hinweise auf das Vorkommen von Glas in den prophetischen Büchern der Heiligen Schrift nicht fehlen. In ihren eindringlichen, höchst lebendigen Ausführungen griff Monika Orsinger auf einen reichen Erfahrungsschatz zurück, den sie sich in über 20-jähriger Tätigkeit in ihrem „Moglas-Atelier“ an der Diessenhofer Rheinstrasse erarbeitet hat; dort bietet sie Fortbildungskurse für Kinder und Erwachsene an.

Tanja Schum danke der Referentin zum Beschluss mit ebenso launigen wie herzlichen Worten und überreichte ein Präsent der Kirchgemeinde. Der nächste Anlass im Format „Kultur am Nachmittag“ ist am 16. Januar 2024 mit Erinnerungen an die Theologin Dorothee Sölle (1929-2003), dargeboten von Brigitta Lampert; der eigentlich für das Januar-Datum geplante Film „Heidi“ wird zu einem späteren Zeitpunkt vorgeführt.

Erntedank im Städtli

Zum Thema „Dankbare Herzen“ versammelten sich am vergangenen Sonntag jung und alt zum Familiengottesdienst in der evangelischen Stadtkirche. Wunderbare Erntegaben schmückten den Chorraum. Mit Freude waren Primarschüler der ersten bis sechsten Klasse zusammengekommen. In der Formation des Diessenhofer „Schüler-Reli-Chores“ sangen sie kräftige Lieder, wodurch die versammelte Gemeinde in ein lockeres und erwartungsfrohes Miteinander eingetaucht wurde. An der Orgel und am Klavier brillierte Martin Schweingruber (Steckborn) mit sensiblen und festlichen Klängen. Ausdrucksstarke Psalmlesungen, Tischgebete und Fürbitten aus Schülermund verstärkten die geistliche Atmosphäre zur Ehre Gottes.

Ehre sei Gott in der Höhe und den Menschen ein Wohlgefallen

Eben diese Größe, Würde und Hilfsbereitschaft Gottes stand sodann im Mittelpunkt eines aufregen-den Schülertheaters, das den Streit zwischen dem Riesen Goliath und dem Hirtenknaben David plastisch vor Augen führte. Der glückliche Ausgang dieser Geschichte bot sodann Religionslehrerin und Diakonin Karin Schmid eine Plattform für ihre Auslegung von Psalm 27 und 84. Die Segenskräfte, die David zum Sieg verholfen hätten, würden wir auch im Wachstum der Natur und im persönlichen Leben spüren, erläuterte die Predigerin. Gott sei für uns „Sonne und Schild“. Genau wie er sich freue, wenn wir ihn loben und ehren, gönne er auch uns unseren Anteil an Lob und Ehre. Er schenke „den Herzschlag und Atem, den wir zum Leben brauchen und der die ganze Schöpfung durchpulst.“ Die vielfältigen, farbigen und feinen Gaben der Natur sollten allen Menschen zugutekommen, besonders denen, die auf der Schattenseite stehen, betonte Karin Schmid zum Beschluss ihrer Ausführungen. Diesem Anliegen wurde alsbald Rechnung getragen, indem sowohl die wunderbar präsentierten Erntegaben als auch die gottesdienstliche Kollekte der Gassenküche Schaffhausen zugutekamen zur Unterstützung Hilfsbedürftiger.

Mit Kirchenmaus Christopher auf dem Kirchturm

Im Anschluss gab es einen kräftigen Apero. Parallel dazu wurde gern die Gelegenheit wahrgenommen, den Kirchturm zu besteigen und einen prächtigen Rundblick über das Städtli zu geniessen. Ausserdem konnten die Erstklässler dort oben die „Kirchenmaus Christopher“ finden, die in ihrem Religionsunterricht eine grosse Rolle spielt und sich zwischen Glocken und Turmfenster in einer Kiste versteckt hatte. Der ganze Vormittag in der Stadtkirche bot eine lebendige Abwechslung und kurzweilige Erlebnisqualität im weit gefassten kirchlichen Horizont Diessenhofens – und wird bei allen, die daran teilgenommen haben, in dankbarer Erinnerung bleiben.

Diessenhofer Gemeindereise ins bündnerische Prättigau

Es war eine wahrhaft sonnendurchtränkte Fahrt an diesem 03. September. Ein wunderbar bequemer Transport mit sehr guter Stimmung im Car erfreute uns mit allen Sinnen. Das Gefährt wurde von Hans Maurer (Stammheim) im Auftrag des Busunternehmens Moser (Flaach ZH) ausgezeichnet chauffiert.

Nach dem zeitigen Start um 7.50 kamen wir über das Zürcher Oberland und entlang dem Walensee gut voran und dementsprechend zeitig im bündnerischen Prättigau an – genauer gesagt, in Seewis-Schmitten gleich links am Eingang des Prättigaus, das bis Klosters reicht und von dem Fluss Landquart durchzogen wird. Alsbald erklommen wir den kleinen Hügel zum reformierten Kirchlein am Hang. Unsere 27-köpfige Gruppe bildete einen markanten Anteil der Anwesenden im Gottesdienst, der um 10.oo begann. Ein originelles Drei-Personen-Theater über Stammvater Abraham wurde aufgeführt, woran die Predigt von Pfarrerin Lia Anderfuhren anknüpfte. Ihre Ausführungen fanden grosse persönliche Resonanz, wie in Einzelgesprächen hernach zum Ausdruck kam. Nach dem Gottesdienst erfolgte der Apero sowie eine kurzweilige Info-Stunde auf dem Vorplatz, geleitet vom Ortsgeistlichen Andreas Anderfuhren, der gemeinsam mit seiner Frau Lia das Seewiser Pfarramt führt.

Das Mittagessen im benachbarten „Hotel Grüsch“ stiess auf allseitige Zufriedenheit und Wohlgefallen. Die Atmosphäre war so prächtig, dass wir uns mit der anschliessenden Fahrt den Berg hinauf nach Seewis Dorf um eine dreiviertel Stunde verspäteten. Oben an der Seewiser Dorfkirche erwartete uns schon unser früheres Diesssenhofer Gemeindeglied Frieda Alder, die jetzt in Küblis/Prättigau wohnt. Ebenso stiess Ruedi Schnell zu uns, Seniorchef des Jugendhauses Seewis. Er hielt im Kirchenschiff einen kurzweiligen Vortrag über die Geschichte dieser beinahe schon legendären Institution, die sich im Laufe ihrer knapp über 50-jährigen Geschichte aus einer einfachen Jugendferienstätte zu einem geistlichen Begegnungszentrum für die ganze Familie entwickelt hat. Die Zeit verging wie im Flug. Es war mittlerweile 15.30 geworden.

Die Abfahrt Richtung Churer und St. Galler Rheintal stand auf dem Programm. Das Zvieri nahmen wir im Bodenseehotel „Weisses Rössli“ in Staad SG in Nähe von Rorschach SG ein. Dies war ein wunderbarer Abschluss direkt am See in romantisch-geselliger Stimmung mit Fütterung der Schwäne durch die Kinder. Die anschliessende malerischer Rückfahrt führte dem St. Galler und Thurgauer Bodensee-Ufer entlang. Über Kreuzlingen gelangten wir Richtung Diessenhofer Heimat, wo wir wohlbehalten gegen 19.45 ankamen, innerlich bereichert durch eine Fülle von Erlebnissen in harmonisch dankbarer Gemeinschaft.

Wege des Glaubens und der Liebe

Unter dem Motto „Walk of Faith“ (Weg des Glaubens) stand der Jugendgottesdienst in der Diessenhofer Stadtkirche am Abend des 28. Februar. Zwei jugendliche Moderatorinnen eröffneten den Ablauf. Die Band samt Jugendchor breitete einen stimmigen Klangteppich aus, unterstützt durch farbenfrohe Lichtbänder an den steinernen Wänden und Säulen. Die Lieder bewegten die versammelten Schülerinnen und Schüler zum Mitsingen und Mitklatschen. Darunter waren so kraftvolle Titel wie Golgatha, Hope has a name (Hoffnung hat einen Namen) und Heartbeat (Herzschlag). Die zunächst spielerisch-fröhliche Stimmung wechselte in gespannte Aufmerksamkeit, als die Verkündigung der biblischen Botschaft begann.

Sterne des Glaubens

Das Dekorations-Vorbereitungsteam hatte auf dem Boden des Kirchenschiffs papierförmige Sterne plaziert: Auf ihnen waren die Namen der reformierten Schülerinnen und Schüler der sechsten bis neunten Klasse eingraviert. Wie Religionslehrerin Karin Schmid erläuterte, sollten diese Schüler-Sterne ein Anklang an jene 2743 berühmten Stars aus Film und Musik sein, deren Namen in der „Strasse des Ruhmes“ (walk of fame in Hollywood bzw. Los Angeles) sternförmig eingraviert sind.

Von den „Sternen des Ruhmes“ schlug die Lehrerin einen Bogen zu den „Sternen des Glaubens“. Jeder und jede sei berufen, ein solcher Glaubens-Stern zu werden. Vom Glauben gehe es weiter zur Liebe, die den vollen Einsatz wert sei. Ungeteilt wie sie sei, komme die Liebe aus ganzem Herzen und werde bewegt von allen Kräften des Verstandes und Willens. Sie gehöre vor allen Dingen Gott. Ihm gelte unser aller Respekt. „Mit unserer Liebe geben wir ihm Antwort auf seine Liebe“, betonte die Rednerin unter Berufung auf Lukas 10, Vers 27. Zugleich fragte sie, wie das praktisch aussehen könne.

Barmherziger Samariter

Eine prägnante Antwort gab das Diessenhofer Schülertheater, das einen Überfall auf einsamer Strasse mit äusserst drastischen Mitteln vor Augen führte – wobei der Unglückliche  vom vorbeikommenden Tempelpersonal schmählich im Stich gelassen, vom barmherzigen Samariter aber in einem grossen Einkaufswagen (von der Migros für diesen Anlass bereitgestellt) zur hilfreichen Herberge transportiert wird.

An dieses Gefährt knüpfte Karin Schmid mit den Worten an: „Gott füllt unseren Einkaufs-wagen, so dass wir einen Vorrat an Liebe bekommen, den wir weitergeben.“ Wenn man zu einer solchen Weitergabe aber nicht im grossen Stil in der Lage sei? „Macht nichts“, fuhr die Lehrerin fort, indem sie einen Spielzeug-Einkaufswagen präsentierte sowie eine noch kleinere Miniatur-Ausführung desselben: Es könne durchaus sein, erläuterte sie, dass sich Gottes Liebe und ihre Weitergabe in dem Format „klein – kleiner – am kleinsten“ zeige. Paradoxerweise gelange sogar eine kleine oder sehr schmale Form von Liebe zu voller Wirksamkeit: „Egal wie gross oder klein, jede Tat ist wichtig und wird höheren Ortes registriert. Öffne die Augen, schaue, wo die Leute Hilfe brauchen – und tu, was immer du kannst, sei es viel oder wenig.“ Bei einem Apero mit schmackhaften Hotdogs und Getränken klang der Abend aus. Der nächste Jugend-Anlass in der Stadtkirche ist am 21. März zu dem Thema „Mobbing“.

Der blaue Planet und die Generationenkirche

Zum Thema „Schöpfung“ öffnete die Diessenhofer Generation Church am vergangenen Sonntagabend in der Stadtkirche wiederum ihre Pforten. Dies geschah zusammen mit Pfarrerin Sabine Aschmann (Schlatt). Zu Beginn interviewte Präsidentin Jael Mascherin die Gastpredigerin mit ebenso humorvollen wie launigen Fragen. Die Lieder wurden in einem harmonischen Wohlklang vom Chor vorgetragen und von der Gemeinde kräftig mitgesungenen und rhythmisch beklatscht. Eine erwartungsfrohe Stimmung erfüllte das Kirchenschiff, das stilgerecht und geschmackvoll ausgeleuchtet war.

Schöpfung und Sprache

In ihrer Predigt kam Sabine Aschmann auf die beiden Schöpfungsberichte zu Anfang des ersten Buches Mose zu sprechen: Neueren Forschungen zufolge widersprechen sie sich nicht, sondern ergänzen sich wechselseitig. Laut Bibel sei der Mensch berufen, die tausendfältigen Lebewesen der Natur, ja auch die dahintersteckenden biologischen Einzelvorgänge zu sortieren und namentlich zu benennen. Der Mensch werde gewürdigt, als Stellvertreter Gottes auf dieser Erde reden und handeln zu dürfen. „Indem wir unsere Mitgeschöpfe wertschätzen in unserer Redeweise und in unserem Tun, fliesst sehr viel Segen in Welt“, führte die Predigerin aus.

In diesem Zusammenhang verwies die Schlatter Pfarrerin auf Gottes Sohn. Durch seine Menschwerdung zeige er am besten und schönsten, was es bedeute, Ebenbild Gottes zu sein und entsprechend dieser hohen menschlichen Würde zu handeln – und zwar zugunsten der Mitgeschöpfe in Fauna und Flora, in der Nähe und in der Ferne, in der Welt und im Kosmos. Aktuelle Fragen zur Klimadebatte würden im umfassenden Horizont der Liebe des Weltenschöpfers und seines Sohnes eine Antwort finden.

Festliche Stimmung

Die Predigt war eingebettet in eine lebendige gemeinschaftliche Strömung  unter den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern. Einfühlsame und mutmachende Musik, heitere Moderation, wohltuende Farbeffekte sowie eine achtsame Dekoration belebten das Miteinander. Für viele Teilnehmer war die Feier des heiligen Abendmahls ein Höhepunkt der Veranstaltung. Die feierliche, zugleich locker beschwingte Atmosphäre war auch beim anschliessenden  Aperó wirksam, bei dem sich ausführliche Gespräche in Kleingruppen entwickelten. Der Abend war geprägt von einer liebenswürdigen Solidarität der Besucherinnen und Besucher. Mit einem zufriedenen und gewinnenden Gesamteindruck machte man/frau sich auf den Nachhauseweg. Der nächste Anlass der Diessenhofer „Generation Church“ findet am 26. März mit Pfarrer und Evangelist Fredy Staub (Wädenswil ZH) statt.

Offenbarung der Geheimnisse des Geigenbaus

Der Diessenhofer Geigenbaumeister Martin Kuhn gastierte am Nachmittag des 21. Februar in „Kultur am Nachmittag“, einer Veranstaltung der reformierten Kirchgemeinde. Mit ausführlicher Bildpräsentation berichtete er von seiner fein differenzierten Tätigkeit in versierter Genauigkeit und Handwerkskunst. In liebenswürdiger Gemütlichkeit plauderte Kuhn aus dem Nähkästchen. Humorvoll dosiert und augenzwinkernd gab er neben seinem umfassenden Fachwissen vereinzelt sogar Berufsgeheimnisse preis.

Der Vortrag mit vertiefenden Klangbeispielen stiess auf das gespannte Interesse einer 32-köpfigen Zuhörerschaft. Kuhn zeigte feingeschliffene Werkzeuge und selbst entwickelten Leime und Firnisse, womit er aus Ahorn- und Fichtenholz die Bestandteile eines Streichinstruments herausarbeitet, verleimt und beschichtet. Wobei, wie betont wurde, eine hochwertige Lackierung wesentlich zur Fülle des Klangerlebnisses eines Streichinstruments beiträgt.

Kopf, Herz und Hand

Anlässlich des Vortrag wurde deutlich, welche Gedankenarbeit und Gefühlseindrücke mit welchen traditionell überlieferten, ausgefeilten Kunstgriffen zusammenfinden müssen, damit aus unzähligen Bauteilen eine staunenswerte instrumentale Schönheit zusammengefügt werden kann. Je nach Art und Grösse des Instruments (Violine, Viola, Cello, Kontrabass) umfasst das einen 200 bis 600 Arbeitsstunden dauernden Schaffensprozess, der aus kleinen Anfängen immer weitere und breitere Kreise zieht: von der Auswahl des Holzes über das exakte Zuschneiden und Ausfeilen der Teile bis zu ihrer exakt passenden Zusammenfügung und abschliessenden Lackierung. Kopf, Herz und Hand wirken – gemäss dem bekannten Wahlspruch Heinrich Pestalozzis – dabei zu einem genialen Ganzen zusammen.

Das Wahre, das Gute und das Schöne

Kuhn, das wurde bei seinem Vortrag deutlich, ist mit Leidenschaft und Begeisterung bei der Arbeit, die ihm seit der Ausbildung in der einzigartigen Schweizer Geigenbauschule Brienz BE und der nach-folgenden 40-jährigen Laufbahn zur Berufung geworden ist. Er könne nicht davon ablassen, das Gute mit dem Schönen handwerklich zu verbinden, merkte er an. Dabei strebe er danach, der göttlichen Wahrheit zu entsprechen. Dies geschehe durch den in jede seiner Geigen signierende Spruch: „Soli Deo Gloria“ (Gott allein die Ehre). Das sei jener Vers, den schon Johann Sebastian Bach über jede seiner Kompositionen geschrieben habe. Bei den Zuhörerinnen und Zuhörern entstand der Eindruck: Ebenso wie der Leipziger Thomaskantor steht auch der Diessenhofer Geigenbaumeister fest gegründet auf dem glaubensmässigen Fundament seines Schaffens.

Dieser denkwürdige Nachmittag im Evangelischen Kirchgemeindehaus, organisiert von Tanja Schum, weitete sich zu einer lebendigen Frage- und Diskussionsrunde und klang im gemütlichen Rahmen bei Kaffee, Tee und Gebäck aus. „Kultur am Nachmittag“ ist dann wieder am 21. März unter dem Motto „Zäme singe mit Annedore Neufeld“.

Wer bin ich?

Stimmungsvoller Jugendgottesdienst zum Thema «Identität» in der Diessenhofer Stadtkirche

Der vergangene Dienstagabend 24.01. stand ganz im Zeichen des ersten Jugendgottesdienstes im neuen Jahr. Religionsschülerinnen und -schüler aus Schlatt hatten die Planung für diesen Abend inne unter Gesamtleitung von Religionslehrerin Karin Schmid. Sie begeisterten die zahlreichen Besucher aus allen Generationen schon ab der ersten Minute. Eine sympathische Begrüssung durch das Moderationsteam machte den Anfang, ehe die Jugendband kraftvolle Lieder spielte, die sich wie ein Klangteppich ausbreiteten und eine andächtige Stimmung in der Diessenhofer Stadtkirche hervorriefen zur Ehre Gottes.

Selbstzweifel

Eine lustige Meinungsumfrage brachte an den Tag, wieviel Zeit die versammelten Schülerinnen und Schüler täglich für die Pflege ihres Äusseren verwenden. Ein massgeschneidertes Theater ging auf die damit verbundenen Chancen und Probleme mit folgender Geschichte ein: Eine junge Frau, von ihrem Freund verlassen, zweifelt an ihrem Selbstwert. Sie erlebt, wie die Frage nach ihrer Identität zu einer höchst zerbrechlichen Angelegenheit wird. Ihre beiden Geschwister nehmen ihre verletzten Bedürfnisse höchst sensibel wahr. Im Wohnzimmer diskutieren sie mit den Eltern über den Selbstzweifel. Der entstehe, wenn man sich zu sehr mit anderen Leuten vergleiche. Oder zu häufig in den Spiegel schaue, um herauszufinden, ob man auch wirklich attraktiv genug auf andere wirkt. Oder wenn man die eigene Identität davon abhängig mache, ob man in einer Beziehung lebt oder nicht. Diese Dialoge wurden vom Schlatter Schülertheater witzig und schlagfertig dargeboten. Die jungen Schauspieler zeigten eine eindrückliche Bühnenleistung, die vom Publikum mit warmem Applaus honoriert wurde.

Ebenbild  

Die im Schauspiel offen gelassenen Fragen wurden an Diakon in Ausbildung Andreas Schlegel weitergereicht, der sie in seiner Predigt beantwortete. Er bezog sich auf die ersten Blätter der Bibel, die beschreiben, wie Gott das erste Menschenpaar erschuf nach seinem Ebenbild. Daraus zog der Redner den Schluss: «Auf dem menschlichen Antlitz spiegelt sich die Schönheit und Würde Gottes ab». Dadurch werde unser Wert unermesslich und einzigartig. Dies sei ein grandioses Geschenk mit weitreichenden Folgen für das Zusammenleben. Wir bräuchten keine künstlichen Spiegel, um uns selbst zu erkennen, sondern erblickten in uns selbst und in unseren Mitmenschen, wie wir nach Gottes Willen sein sollen. «Im lächelnden Antlitz des Nächsten sehen wir etwas Göttliches», betonte der Diakon.

Einzigartigkeit

In Jesus Christus leuchte das Bildnis Gottes am besten und schönsten auf. Deshalb seien die Menschen berufen, dem Sohn Gottes zu folgen. «In der Nachfolge Jesu finden wir unsere gläubige Identität», lautete der Beschluss der Predigt. Anschliessend wurde der Einzigartigkeit jeder Besucherin und jedes Besuchers ein praktischer Ausdruck verliehen: Alle waren eingeladen, mit Farbe einen Fingerabdruck auf einem grossen Papierbogen zu hinterlassen. So entstand ein wunderbares Kunstwerk als Gemeinschaftsprojekt.

Fulminantes Gemeinschaftswerk

Das Team aus Schlatt hat es geschafft, im Zusammenwirken mit Licht- und Tontechnik, Dekoration, Moderation, Musik, Theater und Predigt das Thema «Identität» auf schöpferische Art mit sehr viel Tiefgang in den Vordergrund dieses Gottesdienstes zu rücken. Als krönender Abschluss waren alle Besucher eingeladen zu einem köstlichen Apéro, vom Verpflegungsteam perfekt vorbereitet, womit der Abend gemütlich ausklang. Der nächste Anlass dieser Art findet am Dienstag 28. Februar statt zu dem Thema «Walk of faith – Weg des Glaubens».

Religion ist nicht dasselbe wie Aufklärung

Orthodoxe Sichtweisen und ihre Einordnung aus westlicher Sicht

Zum Thema: „Die Kirche und der Krieg in der Ukraine“ fand vergangenen Donnerstag im Evangelischen Kirchgemeindehaus Diessenhofen eine Begegnung mit Pfarrerin Bettina Lichtler statt. Sie ist Ökumenebeauftragte der reformierten Landeskirche im Kanton Zürich. An diesem Abend führte sie in Geschichte und Prägekraft orthodoxer Kirchen ein, verknüpft mit einem Blick auf die religionspolitische Lage in Osteuropa.

Einleitend berichtete sie von guten Kontakten zu verschiedensten orthodoxen Gruppen in Zürich, darunter zu jener Gemeinde, die mit der Russisch-Orthodoxen Kirche (ROK) verbunden ist: Hier träfen sich nicht nur Exilrussen, sondern auch weissrussische Gläubige und ukrainische Flüchtlinge zu mehrstündigen liturgischen Feierlichkeiten. Man habe vereinbart: Innerhalb der Gemeinde keine Politik! Dieses Stillhalte-Abkommen ermögliche ein gutes Auskommen. Das zeige sich jedes Jahr bei der Prozession am 10./11. September zu Ehren der Zürcher Stadtheiligen Felix und Regula – woran orthodoxe Christen aller Schattierungen mit grosser Freude teilnehmen.

Geschichtliche Verzweigungen

Wie Lichtler geschichtlich ausführte, entstand infolge der West-Ost-Kirchenspaltung von 1054 die orthodoxe Kirche byzantinischer Tradition, aus der später verschiedene selbständige, autokephale Nationalkirchen hervorgingen, unter anderem die griechische, serbische, rumänische, bulgarische und russische. Freilich, eine ukrainische Landeskirche im kanonisch gültigen Sinn habe sich bis heute nicht entwickelt: Herkömmlicherweise stünden die ukrainischen Gläubigen unter dem Dach des Moskauer Patriarchats, das eine integrative Funktion im ostslawischen Kulturraum beanspruche. Moskau sei mit diesem Anspruch auf Vormachtstellung auch teilweise als „Drittes Rom“ (nach Rom und Konstantinopel) bezeichnet worden.

Trotzdem würden nicht wenige ukrainische Gemeinden auf ihrer Selbständigkeit („Autokephalie“) pochen, fuhr die Rednerin fort. Sie hätten sich als Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU) von Moskau ab- und dem Patriarchen von Konstantinopel (Istanbul) zugewandt, der als gemässigt gelte. Kritisch beäugt von der ukrainischen Staatsführung, unterstünden jedoch Gemeinden der anderen, sogenannten Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) weiterhin der Moskauer geistlichen Leitung. Sie grenzten sich zwar vom russischen Patriarchen Kyrill ab, zumal dieser vermutlich seit Sowjetzeiten mit Wladimir Putin befreundet sei. Aber an ihrer streng konservativen Linie ändere das nichts. Genderthemen würden in der ganzen Orthodoxie als schädlich angesehen. So akzeptierten ukrainisch-orthodoxe Vertreter LGBTQ genausowenig, wie ihre russischen Glaubensgeschwister das tun.

Die Ukrainisch-orthodoxe Kirche (UOK) erstrebe eine eigenständige Position zwischen Ost und West, ohne alle Brücken nach Moskau abzubrechen. Und die russische Christenheit? Sie trete für die Wiedervereinigung der ostslawischen Weggemeinschaft ein. Diese Gemeinschaft sei 988 durch die Taufe des Kiewer Grossfürstenpaares Wladimir und Olga mit nachfolgender Christianisierung Osteuropas für alle künftigen Zeiten gesegnet und zu einer spirituell-politischen Einheit zusammengefügt worden. So jedenfalls die russische Sicht der Dinge. Vorübergehende Trennungen sollten zur Versöhnung führen – unter Moskauer Vorzeichen.

Faszinierende und erschreckende Tradition

Bettina Lichtler erläuterte das Grundprinzip der Orthodoxie, demzufolge die Liturgie, die mit ihrer Farbenpracht und den mehrstimmigen Gesängen beeindruckt, über Jahrtausende hinweg immer gleich ablaufen muss. Und zwar deshalb, weil der Gottesdienst auf Erden als mit dem himmlischen Gottesdienst (der neben den Engeln die Gläubigen aller Zeiten umfasst) verbunden verstanden wird. Darum sollten Gläubige aus dem 21. Jahrhundert mit denselben Worten singen und beten wie Christen aus dem 2. Jahrhundert. Die orthodoxe Liturgie müsse zeitlos sein. Sie könne nicht einfach an moderne Gegebenheiten angepasst werden. Weil orthodoxe Glaubensgemeinschaften sich meist auch als Hüter der traditionellen, aus ihrer Sicht immer gültigen Werte verstünden, lehnten viele den Westen ab, wo Werte als veränderbar gelten und neu interpretiert werden. Aus ihrer Sicht entwickelt sich der Westen in Richtung Versuchung und Sünde. Der russische Patriarch Kyrill gehe so weit, allen Soldaten, die in diesem Krieg gegen den „westlichen Satanismus“ ihr Leben opfern, die Vergebung ihrer Sünden zuzusprechen.

Ökumene und Frieden?

Nach dem Vortrag kam es zu einer nachdenklich machenden Diskussion. Fragen nach Ökumene, Frieden und Gerechtigkeit bewegten die etwa 30 Zuhörerinnen und Zuhörer. Die Rednerin warnte vor einer Verteufelung des Westens wie vor Russophobie. Die Friedensbewegung sei in der aktuellen Situation der Ukraine wenig erfolgreich, weil ein Grossteil des wehrhaften ukrainischen Volkes keinen Frieden mit status quo erstrebe, der ihre Verluste einfach ignoriert.

Bettina Lichtler äusserte sich skeptisch bezüglich einer Vereinigung aller Kirchen: Ebensowenig wie die östlichen könnten die westlichen Konfessionen ihre Prägungen einfach so beiseite legen. Immerhin erscheine eine „Einheit in Verschiedenheit“ als gangbarer Weg. Auf die Frage, welchen Stellenwert eine freiheitliche Zivilreligion in Russland und Osteuropa erringen könne, gab sie zu bedenken: „Religion ist nicht dasselbe wie Aufklärung. Religion ist Gefühl und Intuition – und nicht immer kritisch rational“.

Dieser Abend im Rahmen der „Etwas anderen Erwachsenenbildung“ bot erhellende Einblicke in die fremde und faszinierende Glaubenswelt des europäischen Ostens. Eine Fortsetzung erfolgt am 24. Februar – dem Jahrestag des Kriegsbeginns – mit einem Gedenk- und Gebetsgottesdienst in der Evangelischen Stadtkirche um 18.oo Uhr.

Krippenspiel 2022

Alle Bilder des Krippenspiels finden Sie HIER

Adventsfenster 2022