Offenbarung der Geheimnisse des Geigenbaus

Der Diessenhofer Geigenbaumeister Martin Kuhn gastierte am Nachmittag des 21. Februar in „Kultur am Nachmittag“, einer Veranstaltung der reformierten Kirchgemeinde. Mit ausführlicher Bildpräsentation berichtete er von seiner fein differenzierten Tätigkeit in versierter Genauigkeit und Handwerkskunst. In liebenswürdiger Gemütlichkeit plauderte Kuhn aus dem Nähkästchen. Humorvoll dosiert und augenzwinkernd gab er neben seinem umfassenden Fachwissen vereinzelt sogar Berufsgeheimnisse preis.

Der Vortrag mit vertiefenden Klangbeispielen stiess auf das gespannte Interesse einer 32-köpfigen Zuhörerschaft. Kuhn zeigte feingeschliffene Werkzeuge und selbst entwickelten Leime und Firnisse, womit er aus Ahorn- und Fichtenholz die Bestandteile eines Streichinstruments herausarbeitet, verleimt und beschichtet. Wobei, wie betont wurde, eine hochwertige Lackierung wesentlich zur Fülle des Klangerlebnisses eines Streichinstruments beiträgt.

Kopf, Herz und Hand

Anlässlich des Vortrag wurde deutlich, welche Gedankenarbeit und Gefühlseindrücke mit welchen traditionell überlieferten, ausgefeilten Kunstgriffen zusammenfinden müssen, damit aus unzähligen Bauteilen eine staunenswerte instrumentale Schönheit zusammengefügt werden kann. Je nach Art und Grösse des Instruments (Violine, Viola, Cello, Kontrabass) umfasst das einen 200 bis 600 Arbeitsstunden dauernden Schaffensprozess, der aus kleinen Anfängen immer weitere und breitere Kreise zieht: von der Auswahl des Holzes über das exakte Zuschneiden und Ausfeilen der Teile bis zu ihrer exakt passenden Zusammenfügung und abschliessenden Lackierung. Kopf, Herz und Hand wirken – gemäss dem bekannten Wahlspruch Heinrich Pestalozzis – dabei zu einem genialen Ganzen zusammen.

Das Wahre, das Gute und das Schöne

Kuhn, das wurde bei seinem Vortrag deutlich, ist mit Leidenschaft und Begeisterung bei der Arbeit, die ihm seit der Ausbildung in der einzigartigen Schweizer Geigenbauschule Brienz BE und der nach-folgenden 40-jährigen Laufbahn zur Berufung geworden ist. Er könne nicht davon ablassen, das Gute mit dem Schönen handwerklich zu verbinden, merkte er an. Dabei strebe er danach, der göttlichen Wahrheit zu entsprechen. Dies geschehe durch den in jede seiner Geigen signierende Spruch: „Soli Deo Gloria“ (Gott allein die Ehre). Das sei jener Vers, den schon Johann Sebastian Bach über jede seiner Kompositionen geschrieben habe. Bei den Zuhörerinnen und Zuhörern entstand der Eindruck: Ebenso wie der Leipziger Thomaskantor steht auch der Diessenhofer Geigenbaumeister fest gegründet auf dem glaubensmässigen Fundament seines Schaffens.

Dieser denkwürdige Nachmittag im Evangelischen Kirchgemeindehaus, organisiert von Tanja Schum, weitete sich zu einer lebendigen Frage- und Diskussionsrunde und klang im gemütlichen Rahmen bei Kaffee, Tee und Gebäck aus. „Kultur am Nachmittag“ ist dann wieder am 21. März unter dem Motto „Zäme singe mit Annedore Neufeld“.

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