Andacht zum Sonntag 19. April

Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot. Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt, … kommt her und esst! …. Und Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, dazu auch den Fisch.     [ Johannes 21,9-13]

Des Nachts sind etliche Männer auf See beim Fischen, aber erfolglos. Schlim­mer als der Misserfolg wiegt die Trauer, die sie gepackt hat wegen des Schicksals ihres Meisters: Er wurde hingerichtet. Das Leben ist grau in grau, kalt wie der Nebel im Wind.

Es naht der Morgen. Was sehen sie? Einen Silberstreif am Horizont? Zu­nächst nur seine Umrisse am Ufer. Danach sehen sie ihn immer heller und klarer: Den sie vermissten, der ist wieder da! Die miss­mu­tige Stimmung wandelt sich schlagartig. Nah am Ufer machen sie doch noch einen ordentlichen Fischfang. Der Meister ist ebenfalls nicht untätig geblieben. Ein Kohlen­feuer hat er entfacht. Fische brutzeln. Die Männergesellschaft trifft sich zu einer herz­haften Morgen­mahl­zeit. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen.

Der Gastgeber ist geheimnisvoll – und ist doch kein anderer als Jesus von Na­za­reth. Der war tot – und wird trotzdem wiedergesehen, quick­leben­dig. Ja, dieser Mensch kann sich wieder rich­tig am Leben freuen. Kann wieder laufen und wandern, denken und sprechen, sehen und hören, riechen und schmecken, seinen Willen äussern, über seine Gefühle sprechen, am vol­len und ganzen Leben teilnehmen. Und vor allem: Er kann aufs neue essen und trinken. Er tut das mit Lust und Liebe zusammen mit seinen Freunden in fröhlicher Morgenstunde.

Dieser Auferstandene ist kein Geist. Er ist keine übersinnliche Erscheinung und auch kein Engel. Sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut. Der auf­erstandene Jesus fügt sich in die Gesetze der Biologie ein, obwohl er über diesen Naturgesetz­en steht: Er atmet, isst und trinkt, nimmt teil am Stoffwechsel und am Kreislauf der Natur. Er hat schon immer dazu­gehört und dabei bleibt es. Seinen Bezug zu dieser Welt hat er nie verloren, auch nicht durch den Tod. Unsere Welt wird nicht entwertet oder aufgelöst, im Gegenteil: Sie wird gefördert. Ihre Existenz ist nun garantiert. Durch seine Auferstehung wird die Natur geadelt und gesegnet, und unser aller Dasein wird gereinigt und bekräftigt.

An Ostern wird mit allen Sinnen gefeiert. Es herrscht eine wunder­bar gehobene Stim­mung. Eine tiefe innere Freude verbreitet sich im all­täglichen Betrieb, mitten in Haus, Hof und Gar­ten. Das Osterfest taucht unser Hier und Heute in ein frisches, warmes Licht, in dem wir uns bewegen wie eine Libelle, die im Sonnenlicht tanzt. Hier und heute bekommen wir einen Schub, der uns Stück um Stück voran­bringt, so dass wir uns von Stufe zu Stufe entwickeln. Durch Jesu Auferstehung bekommt Gottes Schöpfung einen neuen Schwung.

1   Die ganze Welt, Herr Jesu Christ,     in deiner Urkraft fröhlich ist. Halleluja! 4   Es singen jetzt die Vögel all,     jetzt singt und klingt die Nachtigall.
2   Das himmlisch Heer im Himmel singt,     die Christenheit auf Erden klingt. 5   Der Sonnenschein jetzt kommt herein     und gibt der Welt ein neuen Schein
3   Jetzt grünet, was nur grünen kann,     die Bäum zu blühen fangen an. 6   Die ganze Welt, Herr Jesu Christ,     in deiner Urkraft fröhlich ist. Halleluja!
             Lied 471 im Gesangbuch     Statt „Urkraft“ steht im Liedtext „Urständ“

Liebe Gemeinde,

das sind ja wirklich schöne Aussichten! Was ist das für eine anrührende Geschichte, die uns im Fischer-Städtli Diessenhofen sicherlich zusagt. Dennoch haben wir derzeit andere Sor­gen. In dieser Krise fällt vielen die Decke auf den Kopf. Geht es uns ähnlich wie jenen Männern im Schiff, in einsamer Fahrt unterwegs auf dem Strom des Lebens? Aber halt! Da ist einer, der am Ufer wartet. Der so ziemlich alle Höhen und Tiefen des Daseins mitgemacht hat. Auch jetzt, nach seinem grossen Durch­bruch in ein neues Dasein, schwebt er nicht über den Din­gen. Sondern mischt kräftig mit. Er ist sich nicht zu schade, einzutauchen in die Nie­de­run­gen des All­tags. Um unsere Langeweile und miss­mutige Stimmung weiss er. Keine see­li­sche Re­gung ist ihm unbekannt, so schwierig sie auch ist. In der Höhe und Tiefe, Weite und Breite unseres Le­bens ist er mit dabei, kennt jeden Punkt und jede Biegung des Weges.

Und er verstärkt unsere Bemühungen. Er begleitet uns beim Einkaufen, beim kleinen über­schau­baren Familienausflug, aber auch, wenn wir ganz allein sind. Ich glaube sagen zu kön­nen: Der auferstandene Jesus arbei­tet mit uns darauf hin, dass die Einsamkeit bald einmal durchbro­chen wird. Dass das normale Leben wiedereinsetzt. Weil er selber ein Liebhaber des normalen Lebens ist. Das hat er von seinem himmlischen Vater gelernt, der seine Menschenkinder und überhaupt seine ganze Schöpfung Schritt für Schritt begleitet.

Und vor allem: Beim Essen und Trinken ist der Auferstandene unsichtbar mit dabei. Das ist kein Zufall. Jesus hat schon immer ein besonderes Ver­hält­nis zu Gast­mäh­lern und norma­len Mahl­zeiten gehabt, besonders zu jenen feier­li­chen Zusammenkünften, aus denen sich dann das heilige Abendmahl entwickelt hat. In gros­ser festlicher Runde wie im kleinen vertrau­ten Kreis fühlt er sich gleichermassen wohl. Durch seine Anwesenheit sorgt er für eine ehren­volle Aufwertung und Würdi­gung unserer Gemeinschaft.

Ich wage jetzt einmal folgende Aussage mit aktuellem Bezug: Jesus kämpft mit uns an der Corona-Front – damit bald wieder Geselligkeit und festliche Freude Einzug halten. Damit dann wieder grössere Mahl­zeiten in Restaurants oder Festzelten möglich werden. Denn der Auferstandene ist ein Liebhaber des Lebens in seiner ganzen Bandbreite. Wie sehr freut er sich mit uns, wenn wir dann wieder in fröhlicher Runde zusammensitzen bei einem guten Glas Wein, einem gebratenen Fisch, einem spannenden Gespräch!

Das ist das Leben – so soll es sein, so muss es sein, jetzt und in der Zukunft. Die erzwun­gene Isolierung ist nur eine Pause, gewissermassen eine staatlich ver­ord­nete Fastenzeit. Und die ist nur be­grenz­t gültig. Danach hat die Sperre ein Ende. Und das Schöne daran ist: Jesus ar­beitet an der Aufhebung dieser Sperre mit. Sein Anliegen ist die Heilung der Welt. Deshalb macht er sogar die Grenze zwischen Himmel und Erde durchlässig. Wo immer er ist, da begegnen sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns …

Herr Jesus Christus! Du hast einen grossen Schritt nach vorn gemacht. Womit? Durch deine Aufer­stehu­ng. Das ist ein gewaltiger Schub für die ganze Welt. Wie gern würden wir noch mehr davon spüren! Führe uns aus der Einsamkeit in die Gemeinschaft, aus der Dunkelheit ins Licht, aus der Unordnung in die Klarheit. Jesus, du bist einer von uns. Und doch kannst und weisst du weitaus mehr als wir. Das ist ja gerade der Grund, warum wir dir vertrauen! Dein Vorsprung an Erfahrung nützt uns in allen Lebenslagen.

Dank sei dir und deinem Vater dafür, Amen.

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